# Das Modellprojekt

Nach neurowissenschaftlichen Erkenntnissen ist Lernen ein aktiver und individueller Prozess. Lernen kann man nur selbst, es erfolgt am besten in einer auf ein Thema fokussierten ganzheitlichen Vertiefung. Die kleinen baumeister machten sich mit zehn Berliner Kindergärten vom Sommer 2011 bis 2012 auf, neue Impulse für ganzheitliche Projektarbeit zu geben und eine raum-didaktische Choreografie des forschenden Lernens zu finden. Gemeinsam haben wir im Buch des Weltwissens geblättert: „Das Buch der Natur ist mit mathematischen Symbolen geschrieben. Genauer: Die Natur spricht die Sprache der Mathematik: Die Buchstaben dieser Sprache sind Dreiecke, Kreise und andere mathematische Formen.“ (Galileo Galilei)

Wir konnten belegen, dass Kinder perfekte Gestalter ihrer eigenen Bildung sind, wenn ihnen individuelle kreative Bildungsprozesse ermöglicht werden. Es funktioniert, indem sie aktiv zu gleichen Teilen von anregenden Lernräumen wie Lehrenden unterstützt werden. So wurden im Projekt in wöchentlich künstlerisch-kreativen Settings die Grundformen in Bezug zum Raum und zu spezifischen interdisziplinären Thema gesetzt. Die exemplarischen Prozesse verdeutlichen auf eindrucksvolle Weise die Wechselwirkung und große Bedeutung der räumlichen Veränderung auf die individuellen Lernentwicklungen der Kinder - je mehr die Projektthemen die direkte Umwelt der Kinder (Gruppenräume) bevölkerten, um so intensiver tauchten die Kinder in die Erforschung ein!

Gemeinsam entstanden so schmackhafte, verlockende und strukturell in sich schlüssige Bildungsangebote, die interaktiv sofort Eltern und Nachbargruppen einbezogen! Gleichzeitig wurden im Zuge dieser Prozesse auch diverse Präsentations- und Dokumentationsformen für einen Transfer der Ideen in andere Einrichtungen und Lehre sowie zum Umgang mit den momentanen Architektursituationen ausprobiert. Diese werden in Buchform am Ende des Projektes verbreitet.

// Ideen-Impulse als Projektstart

Projektarbeit startet fast immer mit einem Funken - eine kleine Idee wirft Fragen auf deren Antworten intensiv, zielgerichtet und interdisziplinär ausdauernd und begeistert gefunden werden.

Um herauszufinden, was zur „Zündung“ einer Idee bei Kindern benötigt wird, wurde eine “Funkensammlung” an Ideen mit unterschiedlichsten Forschungsmaterialien zu den geometrischen Formen zu jedem Projektstart geöffnet. Der Einstieg in das von den Kindern selbst gewählte Thema bestand aus Gegenstände, die inhaltlich die Bereiche Mathematik, Kunst, Musik, Sport, Erdkunde und Geschichte anrissen und einen interdisziplinären Ansatz für eine Altersmischung von Krippen- bis Grundschulkindern boten.

Es ist festzuhalten, dass die Kinder sofort anfingen, auf alle erdenklichen Arten zu forschen. Die exemplarisch zusammengestellten Impulse ermöglichten den Erzieherinnen eine fokussierte inhaltliche Einführung mit praktischen Beispielen, ausgewählter begleitender Fachliteratur und den Kindern individuelle aktive sinnliche Erkenntnistätigkeit.

// Choreografie des Forschens: Die Forschungswerkstatt

Jeder Forschungstag sollte so konzipiert sein, dass er den Kindern selbsttätige, handlungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Projektthema gestattet. Gemeinsam wurden spontane Ideen, Fragen oder Aktivitäten der Kinder aufgegriffen und durch gezielte Angebote erweitert. Hier konzipierten wir so genannte „offene Forschungswerkstätten“, die gleichzeitig den Lernfluss der Kinder sowie einen möglichen Einfluss der Räumlichkeiten auf das Arbeitsverhalten der Kinder überprüfen sollte.
In individuell auf den Raum abgestimmten Arrangements der Tische wurde das erfolgreiche Durchlaufen der einzelnen Stationen ausprobiert. Es entstand eine feste Methode: Nach einer gemeinsamen Erklärung aller Arbeitsbereiche, der Präsentation der Materialien und Formulierung möglicher Ziele wurden die Werkstätten eröffnet.
Danach konnten sich alle Kinder in ihrem individuellen Tempo, Ausdauer und Präzision den verschiedensten Aufgaben widmen. In einigen Fällen setzten wir „Forscherpässe“ ein, die den Kindern einen selbsttätigen Überblick mit Hilfe von Stempeln verschafften.
An diesen Tagen herrschte immer ein interessiertes und arbeitsreiches Treiben im Gruppenraum und bot für alle Anwesenden eine bereichernde Atmosphäre.

// Kaleidoskop der Wirklichkeit:
Neue Perspektiven auf vertraute Orte

Im Projekt wurde diese spannende Methode des forschenden Lernens gefunden, die in allen Wochen mit großer Begeisterung eingesetzt wurde: Alle Kinder suchen mit Kameras ihre Kita und die direkte Umgebung nach den geometrischen Formen ab, halten fest, drucken aus und gestalten mit diesen Eindrücken neue Forschungsimpulse in Form von Memories, Heftchen oder kleinen Ausstellungen.
Wir können festhalten, in dieser Form ermöglicht Projektarbeit:
Gemeinsame Prozesse des forschenden Lernens anzustoßen und damit die gewohnte und vertraute Perspektive auf die eigene Umwelt aufzubrechen und “durch eine neue Brille” auf die Welt zu schauen!

// Präsentationsformen im Raum:

Jedes Projekt braucht einen klar definierten Anfang und ein Ende. Dabei sollte ein Ziel formuliert werden, auf das im Laufe der Forschungsreise hin gearbeitet wird. Bei der Definition des Zieles sollte auf jeden Fall berücksichtigt werden, dass der Weg dahin vielfältige Schlenker nehmen kann und neue Impulse eingebunden werden müssen!
Aus diesem Grund legten wir als Präsentationsform für alle Teilnehmer eine Abschlussfeier fest, zu dem jeweils eine andere Kita, Eltern und Freunde eingeladen werden konnten.
Diese Formulierung bot eine große Motivation für alle Beteiligten und schaffte uns größtmöglichen Freiraum, denn ein Fest kann eine Ausstellung, eine Theateraufführung, eine Installation, eine Modenschau oder Spiel sein. Es ist die perfekte Präsentation aller Ergebnisse, bietet Raum für Reflexion. Zudem war es ein weiterer „Funkengeber an Ideen“ für die Besuchergruppen aus dem Projektnetzwerk.

// Individuelle Lernorte des Forschenden Lernens

Projektarbeit bedeutet:
Allen Kindern sollen gemeinsame Prozesse des Forschen, Erkunden und Untersuchen ermöglicht werden.

Welche Voraussetzungen für diese Prozesse notwendig sind, wurde mit Hilfe der “Funkensammlung” diverser Materialien ausprobiert. Beim Öffnen des Koffers begannen die Kinder aller Altersstufen sofort, eigenständig an zu arbeiten. Sie organisierten sich selbsttätig in Kleingruppen oder handelten alleine, holten zusätzliches Arbeitsmaterial wie Stifte oder Papier und dokumentierten ihre Experimente. Die Erzieherinnen übernahmen automatisch die Rolle des Lernbegleiters.
Allein das gezielte Bereitstellen einer Sammlung von interdisziplinärem, altersgemischtem Material ermöglicht den Kindern ein vielfältiges entdeckendes Lernen als Start in ein Forschungsthema!

// Dokumentation der Lernprozesse:

Im Zuge des Projekts wurden mehrere Möglichkeiten der Dokumentation und Präsentation ausprobiert, die eine Transparenz der jeweiligen Lernprozesse ermöglichen sollten.

Großformatige, selbst gestaltete Plakate der Kinder informierten über anstehende Ereignisse. Am Ende eines Projektes lud eine Aufführung alle Kolleg/innen und Eltern ein. Eine wichtige Aufgabe kam dem Aushang einer ausführlichen Foto-Dokumentation zu. Sie informierte ausführlich über das Projektende hinaus, gab auch eine nachhaltige Möglichkeit zur Nachahmung!

Eine neue Entdeckung war die Präsentationsform mit einem großer digitaler Bilderrahmen. Er zeigte an einem zentralen Ort der Gruppe zeitnah die täglichen Entwicklungsgänge der Kinder und ließ ihnen, den Erzieherinnen und Eltern viel Spielraum für eine unkomplizierte und ausführliche Reflexion. Es ergaben sich viele Gespräche und Rück- und Einblicke auch in persönliche Entwicklungen der Kinder oder Gruppendynamik.

// Veränderungen der Raumsituation durch individuelle Forschungsprozesse:

Projektarbeit bedeutet, dass viele Fragen von den Kindern aufgeworfen werden.
Die Antworten finden alle gemeinsam in Experimenten, auf Expeditionen, in Büchern oder im Gruppenraum. Auf diesen Forschungsreisen entstehen Bilder, Fotos und viele neue Produkte, die Aufmerksamkeit und ihren Platz im Gruppenraum fordern und so verwandelt sich im Projekt auch der Gruppenraum in eine Bühne - ein Labor -eine Werkstatt - ein Spielfeld oder eine Ausstellungsfläche!

Eine Widerspiegelung der Arbeitsprozesse und deren Ergebnisse im Raum ist eine wesentliche Aufgabe der Erzieherinnen, denn dadurch wird den Kindern ein noch intensiveres Eintauchen in die neue Welt ermöglicht. Die raumgreifenden Präsentationen spiegeln die im Kopf befindlichen Ideen und Gedanken wider und verankern sie in der Wirklichkeit! Weiterhin ist die Sichtbarmachung der Ergebnisse eine größtmögliche und zeitnahe Transparenz nach Außen - Eltern und Nachbargruppen können aktiv an den Entwicklungen teilhaben.

// Strukturweite Vernetzung:

Das Projekt sollte neben den gemeinsamen Forschungswochen auch einen aktiven Erfahrungsaustausch und praktischen Transfer der Ideen unter den Erzieherinnen der zehn Einrichtungen und darüber hinaus Berlinweit in alle nicht partizipierenden Kitas des Caritasverbandes für das Erzbistum ermöglichen.

Durch eine interne Vernetzung wurden in wechselseitige Besuche zu den jeweiligen Abschlussfeierlichkeiten einer jeden Projektwoche realisiert. An diesen Terminen wurde zum Einen das Besichtigen der Räumlichkeiten der jeweiligen Einrichtung ermöglicht. Zum Anderen konnten direkte Kontakte zwischen den Erzieherinnen entstehen, die fachliche Diskussionen über die Entwicklungen und Prozesse des Projektes und des Kitaalltags zuließen.

Ein weiterer Aspekt war die Vernetzung der Einrichtungen mit der Ausbildung der Erzieher am Beispiel mit der Marie Elisabeth Lüders Oberschule - MELO Oberschule und aller Bildungseinrichtungen mit den faszinierenden Museen der Stadt. Die Bildungslandschaft Berlins ist einzigartig und wird in seiner Vielfalt von den Kitas und Erzieherfachschulen nicht ausgeschöpft. Durch individuelle altersspezifische Kinderführungen aus den Projekten heraus, die von der Projektleitung begleitet und konzipiert waren, konnten wir eine neue Begeisterung für Museumsbesuche entfachen und hoffen auf nachhaltiges Interesse!

// Eroberung des Stadtraums:

Die Bewegung im Stadtraum ist ein wesentlicher Bestandteil der kindlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt - aus diesem Grund lag ein Schwerpunkt des Projektes auf der Eroberung Berlins! Wir eröffneten Kindern und Erzieherinnen neue Orte in ihrer Stadt und wollten wesentlich zur Überwindung einer “Verinselung” der Kinder beitragen!
Die Projektkitas bewegten sich über ein Jahr über den eigenen Kiez hinaus im gesamten Gebiet. Durch eine aktive interne Vernetzung wurden gegenseitige Besuche zu den Abschlussfeiern organisiert und ausgewählte kulturelle Einrichtungen der Berliner Museumslandschaft zu den Projektthemen besichtigt.
Diese Partizipation an der Hochkultur eröffnet für Kinder und Erziehe/rinnen neue und faszinierende Erfahrungsräume. Sie stärkt das Selbstvertrauen in vielfältigen Formen: fördert soziale Kompetenzen, Kreativität und vermittelt lustvoll Sachkompetenz in einem anderen Umfeld. Unbemerkt wird auch der Umgang mit öffentlichen Verkehrsmitteln und das Verhalten im Straßenverkehr trainiert.

// Verbindung von Theorie und Praxis in der Ausbildung:

Über die Praxis hinaus sollten die Inhalte des Projektes in einen offenen und lebendigen Diskurs mit den Erfahrungen und Ansätzen der theoretischen Ausbildung der Erzieher treten. Alle projektinternen Methoden, räumlich-ästhetischen Theorien, Anleitungen von Projektimpulsen, Ideen anschaulicher Präsentation der Lernprozesse im Kindergarten wurden in der Fachschule präsentiert und mit den Studierenden ausprobiert, diskutiert und weiterentwickelt.

In der Umsetzung vor Ort gab es kompakte Projektwochen, Projekttage und einzelne Unterrichtseinheiten. Dabei entstanden allgemeine Unterrichtspläne zu z.B. Formenwerkstätten in den Themenfeldern 11 „Lebensräume erschließen und gestalten“ und Themenfeld 10: „Entwicklung menschlicher Ausdrucksformen anregen, begleiten und anleiten“. Diese Unterrichtseinheiten wurden zu Lehrplänen ausgearbeitet und verbleiben an der Schule oder wurden in den Fluren und zum Tag der offenen Tür einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert. Alle Inhalte und Dokumentationen des Projektes wurden an das gesamte Lehrerkollegium verteilt.

Link

Konzeption / Projektleitung / Durchführung:

kleine baumeister

www.kleinebaumeister.de

Dieses Projekt wurde finanziert aus Mitteln des

Kooperationspartner:

Kitas: Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V./ Kompetenz- Centrum für Fachberatung und Entwicklung, Fachreferat Kindertagesstätten
Erzieherausbildung: MELO Oberschule Berlin

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